Wie zeigt sich Multiple Sklerose und wer ist betroffen?
In Deutschland leben etwa 252.000 Menschen mit Multipler Sklerose. Dabei sind Frauen etwa doppelt so häufig betroffen wie Männer. In der Regel wird die Erkrankung im mittleren Lebensalter (etwa zwischen 20 und 40 Jahren) diagnostiziert.
Das Spektrum der möglichen Symptome bei MS ist sehr weit gefächert. Vor allem zu Krankheitsbeginn zeigen sich
- Sehstörungen (wie Verschwommensehen),
- Empfindlichkeitsstörungen (Taubheitsgefühle, Kribbeln) oder
- motorische Probleme (Unsicherheiten beim Greifen oder Gehen).
Viele MS-Patient:innen leiden zudem unter psychischen und oder kognitiven Beschwerden, wie Depressionen, Konzentrationsstörungen oder vorzeitige Erschöpfung (Fatigue). Auch Probleme mit der Blasen- und Darmleerung sowie krampfartige, schmerzhafte Lähmungen in den Beinen sind bei MS-Betroffenen keine Seltenheit.
Der Verlauf einer MS kann sich von Patient zu Patient sehr stark unterscheiden. Zwar kann eine MS einen schweren Verlauf nehmen und beispielsweise aufgrund von Lähmungen zu einem Leben im Rollstuhl führen, das muss aber nicht immer der Fall sein. Gerade zum Krankheitsbeginn verläuft die MS oft in Schüben, in welchen sich an Zeiten mit Symptomen längere beschwerdefreie Phasen anschließen. Bei vielen Menschen mit MS treten auch über längere Zeit nur leichte Symptome auf.
Gerade weil die Krankheit so stark variieren kann, ist eine sehr individuelle ärztliche und pharmazeutische Betreuung nötig. Als spezialisierte Fachapotheke stehen wir Ihnen gerne bei allen pharmazeutischen Belangen unterstützend zur Seite.
Behandlungsmöglichkeiten bei Multipler Sklerose
Multiple Sklerose ist nach dem heutigen Forschungsstand nicht ursächlich heilbar. Trotzdem gibt es Therapiemöglichkeiten, die darauf abzielen, das Voranschreiten der Krankheit zu verhindern und die Zeiten ohne Beschwerden möglichst zu verlängern. Darüber hinaus lassen sich manche Symptome der MS gezielt lindern. Die MS-Therapie setzt sich demnach aus drei Bestandteilen zusammen:
- Symptomatische Therapie mit Maßnahmen zur Linderung der verschiedenen MS-Symptome (zum Beispiel entkrampfende Medikamente oder physiotherapeutische Übungen)
- Schubtherapie, bei welcher Entzündungsreaktionen während eines akuten MS-Schubs mithilfe von Glukokortikoiden behandelt werden
- Verlaufsmodifizierende Therapie, die meist die Einnahme von Immuntherapeutika umfasst, wodurch der Krankheitsverlauf positiv beeinflusst und beschwerdefreie Zeiten verlängert werden sollen
Der genaue Therapieplan ist unter anderem abhängig vom Alter des Betroffenen, der Lebenssituation, dem aktuellen Gesundheitszustand und den auftretenden Symptomen. Demnach legt der behandelnde Arzt die Medikation individuell fest.
Entwicklungen in der medikamentösen Behandlung der MS: Kurzinterview mit unserem Experten
In der MS-Forschung und der medikamentösen Behandlung der Erkrankung hat sich seit Mitte der 1990er-Jahre viel getan. Im Kurzinterview beantwortet Christian Wunderlich (leitender Apotheker der ABF-Apotheke) die wichtigsten Fragen dazu. Durch seine jahrelange Erfahrung in der Pharmabranche – speziell im Indikationsbereich Multiple Sklerose – ist er Experte auf diesem Gebiet.
Der Markt an MS-Medikamenten hat sich in den letzten Jahren stark weiterentwickelt. Welche Ausgangslage hatten wir zuvor?
Mitte der 1990er-Jahre wurden die ersten Interferone zur Behandlung der MS eingeführt. Zuvor waren die medikamentösen Behandlungsmöglichkeiten sehr begrenzt und unspezifisch. Zum Teil konnten sie auch schwere Nebenwirkungen, wie eine Schädigung des Knochenmarks oder des Herzmuskels (im Falle des Mitoxantron) zur Folge haben. Eine bestimmte Höchstdosis dieses Medikamentes, bezogen auf die Lebenszeit des Patienten, durfte daher nicht überschritten werden.
Die Interferone ermöglichten es, die Schubrate bei MS signifikant zu reduzieren und das Voranschreiten der Behinderung zu verlangsamen. Gleichzeitig war das Nebenwirkungsprofil dieser Substanzklasse deutlich günstiger. Die häufigste Nebenwirkung waren grippeähnliche Symptome, insbesondere Schüttelfost.
Die meisten der bis dahin verfügbaren Medikamente mussten als Spritze verabreicht werden; aus Sicht vieler Patienten war der regelmäßige Piks ein großer Nachteil.
Welche konkreten Neuerungen gibt es?
Eine immer größere Zahl neuer Substanzen wurde nach und nach verfügbar. Heute steht für jede Verlaufsform der Multiplen Sklerose (klinisch isoliertes Syndrom; schubförmige MS; sekundär progrediente MS; primär progrediente MS) mindestens eine, häufig sogar mehrere Therapieoptionen zur Verfügung. Eine schöne, für Patienten zugängliche Übersicht findet sich im „Qualitätshandbuch MS/NMOSD“ des Kompetenznetz Multiple Sklerose.
Welche Vorteile ergeben sich durch diese Entwicklung für MS-Patienten?
Für Patienten bedeutet diese große Auswahl verfügbarer Medikamente, dass der behandelnde Arzt die Therapie gut auf den individuellen Patienten zuschneiden kann. Je nach Verlaufsform und Schweregrad der Erkrankung kann zwischen „sanfteren“ und sehr potenten Alternativen ausgewählt werden. Neben Medikamenten, die als Spritze verabreicht werden, ist heute ein großer Teil der Medikamente als Tablette oder Kapsel verfügbar. Damit kann der behandelnde Arzt auch die spezifische Lebenssituation eines Patienten bei der Auswahl des geeigneten Medikamentes berücksichtigen.
Entscheidend für den Erfolg einer Behandlung ist nicht zuletzt die Therapietreue des Patienten. Es macht einen großen Unterschied, ob Medikamente nach Vorschrift des Arztes genommen werden oder nicht. Die Therapietreue steigt in der Regel mit abnehmenden Nebenwirkungen und bei einer Einnahmemöglichkeit als feste Darreichungsform (Tablette, Kapsel).
Leider sind auch bei den neuen Medikamenten Nebenwirkungen nicht ganz auszuschließen. Welche sind das und was können Patienten dagegen tun?
Medikamente zur Behandlung der MS greifen in das Immunsystem ein. Einige typische Nebenwirkungen sind dadurch erklärbar. Recht häufig kommen zum Beispiel Infektionen der oberen Atemwege, Symptome einer Erkältung oder auch Pilzinfektionen vor. Die meisten dieser Nebenwirkungen sind gut beherrschbar und mit freiverkäuflichen Medikamenten aus der Apotheke oft zu behandeln. Manchmal helfen aber auch ganz praktische Tipps. Wenn zum Beispiel Schüttelfrost als Arzneimittelnebenwirkung auftritt, kann der Zeitpunkt der Verabreichung ganz entscheidend sein (zum Beispiel abends vor dem Schlafengehen). Bei der Gabe von Spritzen sind Reaktionen an der Einstichstelle möglich. Hier ist die richtige Injektionstechnik ganz entscheidend, um dieses Phänomen zu reduzieren.
Wie unterstützt die ABF-Apotheke MS-Patienten konkret?
Als Apotheke können wir für MS-Patienten sehr viel tun. Das beginnt mit der Demonstration der korrekten Handhabung der Spritzen oder Fertigpens. Darüber hinaus sind wir in der Lage, uns alle Medikamente eines Patienten anzusehen und zu prüfen, ob es untereinander zu Wechselwirkungen kommen kann (Medikationsanalyse). Sollte das der Fall sein, können wir Patienten und behandelnden Ärzten entsprechende Hinweise geben, was getan werden kann. Über die Behandlung von Nebenwirkungen haben wir schon gesprochen. Nicht zuletzt halten wir die Medikamente unserer Patienten dauerhaft bereit; sie sind also schnell verfügbar.
Falls Patienten nicht selbst zu uns kommen können, liefern wir ihnen ihre Medikamente gerne nach Hause. Beratung heißt bei uns, dass wir auf verschiedensten Wegen erreichbar sind: in der Apotheke vor Ort, aber auch per Telefon, E-Mail oder Videogespräch.
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